Digitales Slotracing ausgereizt
Am Euregio Speedway Erfahrungen umgesetzt
Ursprünglich in Würselen ansässig, fand der Euregio Speedway vor einiger Zeit eine neue Heimat im Aachener Stadtteil Verlautenheide. Dort fand die 6-köpfige IG um Bernd Kalwa eine im Vergleich zum bisherigen Standort deutlich komfortablere Räumlichkeit, um erneut eine 4-spurige MDF-Bahn in Betrieb zu nehmen. Als Besonderheit ist sie mit dem ACD Dicon Digitalsystem versehen, mit dem optional immer auch ein Analogbetrieb durch Umschalten der Anschlüsse unter Verwendung ein und derselben Regler möglich ist.
Der Zuschnitt der neuen Räumlichkeiten erforderte gleichwohl eine Anpassung der Streckenführung. Doch damit bestand auch die Gelegenheit, die bisher gesammelten Erfahrungen in das überarbeitete Bahnlayout effizient einfließen zu lassen, wobei etliche der typischen Charakteristika der bisherigen Berg- und Talbahn beibehalten werden konnten. Dabei sind alle vier Spuren im Digital- oder Analogbetrieb nutzbar.
Die ursprünglich 4-spurige Analogrennbahn, die schon 2005 in einem Aachener Geschäftslokal auf der Bahnhofstraße für Aufsehen gesorgt hatte, wurde erstmals vier Jahre später um selbstgefräste Weichenmodule aus MDF-Platten zu Erprobungszwecken des Digitalsystems ACD Dicon erweitert. Die eigentliche Weiche mit der Spurlippe, Mechanik und Elektronik wird in einem entsprechend bearbeiteten Fahrbahnsegment verschraubt. Auch für ein Carrera Bahnsystem sind Fahrbahnweichen dieses Systems verfügbar. Die jeweiligen Weichenelemente wurden bei dem ersten Einbau an Stellen plaziert, um extreme Fahrsituationen wie Höchstgeschwindigkeit und Abstände bei der Plazierung von Weichen hintereinander besonders auszutesten.
Die ursprünglich analoge Bahn, bei der seinerzeit bewusst auf einen Spurausgleich verzichtet wurde, hatte von Spur zu Spur eine Differenz von jeweils 90 cm. Daher hatte jede einzelne Spur einen eigenen Charakter bei einer Länge um 25 m. Durch den Einbau der Weichenmodule in zwei gegenüberliegenden Geraden verlängerte sich die Strecke um gute drei Meter pro Spur. Beim digitalen Betrieb wurde dann allerdings die kürzere innere und damit schnellere Spur deutlich bevorzugt befahren. Dadurch ergaben sich beim Rennverlauf neue Aspekte, die ausschließlich den Digitalbetrieb betrafen. Die schnellste Runde konnte wie im Analogbetrieb über die innere Spur ohne Spurwechsel gefahren werden. Darauf war man um die 2/10 Sekunden schneller als auf der zweitbesten Spur. Bei der Bahn mit einer im Schnitt bei etwa 7 Sekunden liegenden Rundenzeit entpuppten sich Überholmanöver als zunehmend schwierig, weil man an einem schnellen Fahrzeug auf der Innenspur bei relativ gleichwertigen Fahrern nicht zum Überholen kam. Oft fuhren die Wagen dann im Digitalbetrieb wie auf der Strecke von Monte Carlo ohne Überholchance wie hintereinander gekettet.
In der Konsequenz sollte das neue Streckenlayout bei gleichem Gesamtkonzept der Bahn mit den zwischenzeitlich im Digitalbetrieb gewonnenen Erfahrungen optimiert werden. Da beim neuen Layout eine Überführung entfiel, ließ sich ein Spurausgleich auf 10 cm von Spur zu Spur erzielen, also annähernd ein Spurausgleich bei vergleichbarer Streckendynamik. Im Gegensatz zu den bisherigen Fahrbahnwechseln wurden die Weichenpositionen diesmal unter den Aspekten Ideallinie und Fahrdynamik ausgewählt. Um die im Vergleich zur mit 25 m längsten „analogen“ Spur um rund 1 m kürzere Ideallinie im Digitalmodus zu fahren, startet man auf der kürzesten Analogspur 1 und wechselt bei jeder Weichenposition die Spur. Im Detail wurden die Weichen so platziert, dass Spurwechsel ohne einen negativen Einfluss auf die Fahrdynamik des Fahrzeugs erfolgen. Da Spurwechsel auf Geraden bei Topspeed immer zum leichten „Schlingern“ führen, wurden hier die beiden ersten hintereinander folgenden Spurwechsel unmittelbar in die weitläufig zulaufende Kurve hinter der ersten 5 m langen Geraden eingebaut. Alle weiteren Weichenelemente fügen sich ebenso dynamisch in den Streckenverlauf ein, nämlich jeweils in Bereichen vor Kurveneinfahrten, so dass ein Nachinnenziehen ähnlich wie im realen Motorsport erfolgen kann.
Am Kopf der Bahn stößt man auf die nächste Neuerung. Hier beginnt die Boxenzufahrt über einen längeren Weg. Mit der inzwischen ausgereiften ACD Dicon Software, die eine Zeitmessung und umfangreiche Rennverwaltung umfasst, kann die Boxengasse nun ebenfalls realistisch genutzt werden, sowohl für Tankstopps und für Durchfahrtstrafen. Davor verläuft eine spitze Kehre von rund 60 Grad, auf die eine Strecke von gut 3 m parallel zur Boxengasse zum nächsten Weichensegment folgt. Durch die Platzierung vor dem leichten Knick im Streckenverlauf bleibt auch hier die Fahrdynamik gleich, unabhängig davon, ob ein Spurwechsel erfolgt oder nicht. Nach einer kurzen weiteren Geraden bergauf erreicht ein Wagen dann das Herzstück der Anlage, die hochliegende Engstelle in einer 180°-Kehre. In dieser kurvenreichen Passage ist nochmals ein Spurwechsel vor dem Karussell möglich, bevor ein Fahrzeug wieder Start-und-Ziel passiert. Hier ist man im Idealfall wieder auf der in diesem Segment kürzeren Spur 1 bevor man nach der langen Geraden erneut in der Doppelweichenpassage auf eine dortige innere Spur wechselt. Im Unterschied zur vorherigen Anlage bringt das Spurwechseln im Hinblick auf eine möglichst optimale Rundenzeit hier Vorteile und wird daher wesentlich.
Will der Fahrer aber in die Boxe abbiegen, muss er in dem Bereich mit der Doppelweiche am Kopf der Bahn die Außenspur benutzen (r.). Unmittelbar nach dem Einfahren erfolgt über einen in die Fahrbahn eingelassenen Sensor eine automatische Reduzierung der Geschwindigkeit. Dieses Tempo kann über die Systemsoftware präzise festgelegt werden. Zwei Weichen auf der Boxendurchfahrtsspur ermöglichen jeweils einen Tankstop mit Halt vor den Boxen.
Das Tanken erfolgt per Tastendruck am Regler. Das fiktive Befüllen ist am Bildschirm durch einen beweglichen Balken zu verfolgen, der im Fahrbetrieb den Füllstand anzeigt. Auch insoweit hat man bei der Rennbahnmanagement-Software darauf geachtet, einen möglichst realisti-schen Effekt wiederzuspiegeln. Dabei bedient die Software nicht nur die Grundfunktionen wie Zeitmessung und Tankfunktion. Vielmehr bestehen im Digitalbetrieb auch Optionen wie das Einstellen unterschiedlicher Gewichtzustände eines Fahrzeugs abhängig vom Tankfüllstand oder die Nutzung einer Ghostcar-Funktion. Des weiteren lässt sich über die Relaiskarte an der Bahnstromversorgung auch die Betriebsart umschalten. Sogar das Nutzen nur einzelner Spuren für den Analogbetrieb mit parallel auf den anderen Spuren erfolgenden Digitalbetrieb ist möglich, eine besondere Option des Systems, die insbesondere den Bedürfnissen an größeren Clubanlagen gerecht werden soll. Zusätzlich wurde bei der Entwicklung der Software viel Wert auf die Rennverwaltung gelegt, um den Erfordernissen bei Rennveranstaltungen und in Slotracinggemeinschaften gerecht zu werden. Doch abgesehen von weitreichend möglichen Auswertungen im Trainings- und Rennmodus besteht auch die Möglichkeit, ein Rennen unkompliziert und schnell im „Quickrace“-Modus durchzuführen.
Die bei der hier vorgestellten Bahn installierte Boxengassenvariante erlaubt das Anfahren an zwei Boxenplätzen, die wie in der Realität parallel zur Pitlane-Durchfahrtspur und der Hauptstrecke liegen. Bei diesem Bahnlayout ist für einen Boxenstop relativ viel Weg zurückzulegen. Keine Anwendung fand hier die für das ACD-Dicon System lieferbare Schaltung, bei der ein jeweiliges Fahrzeug in der Boxengasse automatisch zu einem eigenen Stellplatz geführt wird, was als Sonderausführung besonders für größere kommerzielle Anlagen interessant sein kann, um auch weniger geübten Fahrern das präzise Ansteuern zu erleichtern. Natürlich setzt eine derartige Boxenanlage auch großzügige Platzverhältnisse voraus, die in dem einstigen Heizungskellerraum hier nicht gegeben sind.
Während sich mit dem Dicon-System in der Basisausführung grundsätzlich bis zu 16 Fahrzeuge gleichzeitig steuern und verwalten lassen, sind an der hier vorgestellten Bahn neben den vier analogen Anschlüssen acht digitale nutzbar. Standardmäßig sind im Analogbetrieb mit der Dicon-Software zudem bis zu acht Spuren zu verwalten. Als Sondervariante ermöglicht die Extended-Ausführung im Digitalbetrieb allerdings auch den Einsatz von 24 Fahrzeugen.
Auf dem Euregio Speedway ist der Digitalbetrieb durch die Anzahl der Spuren und die Streckenlänge wegen des entstehenden Verkehrs aber zweckmäßig nur mit acht Wagen durchführbar. Während bei der früheren Streckengestaltung die Boxengasse im Infield lag und damit von der schnellsten Spur aus angesteuert werden musste, wurde die Zufahrt hier bewußt auf die Außenspur verlegt. Denn damit hat sich die Wahrscheinlichkeit von Auffahrunfällen beim Abbremsen vor dem Einfahren in die Boxengassenspur deutlich verringert. Das Infield als Parc fermé und einige Exponate am Streckenrand dienen unterdessen zur Dekoration dieser Anlage. Im Hintergrund findet man einige großflächig aufgezogene Fotos, die bei dem Besuch von Rennstrecken entstanden und hier für eine dem Bild förderliche Tiefenwirkung sorgen. So erweitert ein großes Foto etwa die Boxengasse auf dem Slottrack um den Blick in die weite Landschaft des Nürburgrings. An anderer Position findet man eine Abbildung der Nürburg. Zusätzlich sorgt ein Spiegel für einen bereichernden Effekt.
War die Dekoration bereits an der ursprünglichen Bahn ein Schwerpunkt, soll am neuen Standort in nächster Zeit nochmals intensiv an der landschaftlichen Ausgestaltung gearbeitet werden. Ausgesprochen attraktiv sind die bereits in der Bauphase komplett um die Strecke aufgestellten Flutlichter geraten. Sie entstanden in recht realistischer Weise mit jeweils zwei LED-Leuchten. Das authentische Bild wurde durch das Aufschieben von Reflektoren aus Polycarbonat auf den LED erreicht, die von der Firma Mentor stammen. Sie sind an einem schwarzen T-Stück aus Kunststoff befestigt. Es stammt aus dem Micro-Drip Gartenprogramm von Gardena und wurde auf ein Alurohr (Meterware) aufgesteckt, das als ein vorbildgerechter Lampenmast dient und durch das die Kabel verlaufen. Sie sind im oberen Bereich mit Schrumpfschlauch ummantelt, um sie zu verbergen. Sämtliche Felsimitationen rings um die Anlage entstanden aus Pappmaché und vermitteln durch ihre farbliche Ausarbeitung mit Grau- und Schwarztönen einen ansprechenden Eindruck. Mit dem preiswerten Material läßt sich ausreichend stabil und zudem leicht im Gewicht gestalten.
Neben der Stromversorgung für die Weichen sind für die Erweiterung um die Zeitmessung und Boxengasse zusätzliche Steuerboxen mit der Haupteinheit verbunden. Vier Labornetzteile, die eine Leistung von 3A oder 5A liefern, werden durch ein Relais, eine Option von Yatronic, über das Programm geschaltet. Die Stromeinspeisung der Spuren erfolgt an sieben Stellen der Bahn, an denen der Strom für den Analogbetrieb spurbezogen aufgelegt ist. Für den digitalen Fahrspaß werden die Trafos indes per Relais zusammengeschaltet. Zwar sind als Stromverbrauch für die in 1:32 Slotcars genutzten Motoren unter 500 mA angegeben. Tatsächlich zeigt die Anzeige der Labornetzteile beim Beschleunigen aber höhere Werte. Im digitalen Modus fahren oft mehrere Wagen auf einer Spur. Daher empfiehlt sich eine Einspeisung alle drei bis vier Meter, da bei hohem Stromverbrauch die Spannung auf einer Spur je nach Entfernung von der Einspeisung bedingt durch den geringen Querschnitt der als Stromleiter benutzten Kupferfolie deutlich abfällt. Mit der hier vorhandenen Einspeisung ist eine gleichmäßige Versorgung aber gegeben.
Bewusst wurde bei der neuen Strecke wie zuvor zur Stromversorgung selbstklebende Kupferfolie aus dem Tiffany-Bereich gewählt. Es gibt eine etwas dickere Variante, die für das Kleben im Kurvenbereich vorteilhafterweise noch etwas weicher vom Material ist. Dagegen ist im 1:24er Bereich wegen der schwereren Wagen die Litze sicher die bessere Wahl. Bei den leichteren 1:32 Fahrzeugen, die auf dieser Bahn im Einsatz sind, bietet die glattere Oberfläche der Kupferfolie in Kombination mit feiner Litze an den Schleifern jedoch eine ausreichende Kontaktfläche zur Stromzufuhr und bereitet bei entsprechender Handhabung wenig Verschleiß. Zudem müssen bei Gebrauch von Litze für die Stromversorgung einer Bahn rechts und links vom Schlitz zusätzliche Nuten zur Befestigung gefräst werden. Daran gemessen ist der Aufwand bei Gebrauch von Kupferband geringer. Zu bedenken sind jedoch stets eventuell auftretende Probleme bei schwankenden Raumtemperaturen, die in dem Kellerraum der Aachener Gemeinschaft kaum auftreten werden. Ansonsten kann bei starken Schwankungen der Temperatur je nach Produkt mehr oder weniger Nachpflege notwendig werden, so dass unter dem Aspekt der Gebrauch von Litze vorzugswürdig sein kann.
Digital oder analog? Die Aachener Slotracer fahren an ihren Rennabenden jeweils ein Analog- und ein Digitalrennen und nutzen damit die unkomplizierte Wechseloption des ACD-Dicon Systems. Um die Gemeinschaft und das Digitalsystem in Kombination mit der Holzbahn kennenzulernen, besteht die Möglichkeit zum Kontakt über www.slotracing.info. Als Besucher kann man dort mitfahren, da Leihfahrzeuge und Regler vorhanden sind. Weitere technische Informationen zu dem Dicon Digitalsystem sind auf der Herstellerwebseite unter www.yatronic.de abrufbar.
AE