Der 935/77A und der 935K2 gegenübergestellt

Mit zwei annähernd gleich ausschauenden Wagen zog jüngst Sideways by Racer die Aufmerksamkeit auf sich.  Wer mit den Kürzeln hinter der Typbezeichnung 935 nicht näher vertraut ist, wird dahinter nicht unbedingt eine Besonderheit vermutet haben. Doch tatsächlich handelt es sich von den Karosserien her um eigenständige Modelle, die sich in vielen Feinheiten unterscheiden.

Gemeinsam ist beiden Wagen die grundsätzliche Form, schon zwangsläufig. Die 935er basierten als Gruppe 5 Renner auf dem Porsche 930 und mußten gemäß Reglement dessen Silhouette übernehmen. Dabei brachte man bei Kremer aus Köln mit dem 935 K2 1977 nach dem K1 aus dem Vorjahr die zweite Eigenentwicklung für die Gruppe 5 an den Start. Zum großen Teil blieb die Form des Porsche erhalten, doch im Detail suchte man nach eigenen Lösungen, um die Aerodynamik noch weiter zu optimieren. Bei dem 935/77A handelt es sich hingegen um die Kundenausführung von Porsche, die für die Saison 1978 technisch weiter optimiert und nun mit einem Doppelturbolader versehen war, was planmäßig für ein besseres Ansprechverhalten sorgte. Dieser Wagen ging an interessierte Teams, darunter auch Max Moritz Porsche aus Reutlingen, wo man 1978 mit dem orangefarbenen Wagen erneut auf die Dienste von Manfred Schurti vertraute. Bei dem kürzlich von Scaleauto erschienenen Porsche-Modell handelt es sich unterdessen um den 935 aus der Saison 1977, der ebenfalls in den Farben des Max Moritz Teams erschien (vgl. u. Nr. 52).

Im Kremer K2 errang Bob Wollek 1977 den Vizetitel. Erst beim letzten Lauf am Nürburgring fiel damals die Entscheidung zugunsten von Rolf Stommelen, der im Wagen des Erzrivalen saß, dem Kölner Gelo Team. Viermal war der Elsässer zuvor im Wagen von Kremer erfolgreich, doch sein Konkurrent siegte einmal mehr. Manfred Schurti holte unterdessen für das Max Moritz Team zum Saisonende 1978 zwei Siege und unterstrich damit seine Qualitäten nochmals deutlich, auch wenn es infolge zuvor erlittener Ausfälle nur zu Rang 8 in der Endabrechnung reichen sollte. Aber auch damit galt der Liechtensteiner als schnellster Staatsbeamter im Dienst des Fürstentums und zählte damit zu den wenigen Topfahrern, die neben der Rennerei auch einem regulären Beruf nachgingen.

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In der Karosseriegestaltung überzeugt vor allem der Kremer 935 K2, dessen Proportionen authentisch wirken. Auch der 935/77A stellt zufrieden, reicht aber unseres Erachtens nicht ganz an die Finesse des Modells von Scaleauto, das zum Vergleich heranzuziehen naheliegt. So wirkt die Frontpartie des 935/77A von Sideways etwas breit und daher sind die Frontscheinwerfer weniger weit in den Spoiler hineingezogen. Zudem sind die Bremsbelüftungen über den Vorderrädern in die Weite gezogen (vgl. r.).

Die Unterschiede zwischen dem K2 und dem 935/77A verteilen sich über die komplette Karosserie. Besonders augenfällig sind die viereckigen Scheinwerfer im Frontspoiler des K2, der außerdem besonders verkleidete Spiegel auf den vorderen Radkästen aufweist. Auch die dortigen Lüftungsöffnungen weichen von der werkseitig  entwickelten Karosserie des 935/77A ab. Weitere Unterschiede zeigen sich im gesamten Heckbereich. So ist der K2 mit seitlichen Finnen versehen und der Heckspoiler im Aufbau kantiger ausgeführt. Auch die seitlichen Lufteinlässe vor den Hinterrädern unterscheiden sich leicht. Noch deutlichere Unterschiede findet man in der Rückansicht, wo am K2 mehr technische Attrappen bis hin zum Getriebe erkennbar sind. Identisch sind die Miniaturen aber in der Ausführung der Cockpits, die mit Fahrerbüsten und Überrollbügeln versehen sind. Auch die Verglasung stimmt überein. Doch aufgrund der letztlich zahlreichen Unterschiede werden sich Porsche-Sammler wohl für beide Wagen interessieren.

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Die Karosserien der Wagen sind unlackiert, weisen aber aufgrund der offenbar aufwendig gefertigten Werkzeuge einen feinen Glanz auf und lassen fast keine Trennlinien erkennen. Auch im niedrigen Gewicht von nur 17 g ist der betriebene Fertigungsaufwand erkennbar. Von der Bedruckung her überzeugt erneut der grüne Kremer-Wagen mehr und erscheint authentisch ausgeführt, während am Max-Moritz Porsche die Sponsorenembleme mit dem Hirsch statt Goldtönen am Rand und zwischen dem Geweih allzu grell geratenes Gelb zeigen. Auch insoweit ist die Miniatur von Scaleauto exakter ausgeführt.

sideways-p935-13Wie zu erwarten sind die beiden Porsche mit identischen Chassis versehen. Deren Bauart entspricht den übrigen von Sideways stammenden Gruppe 5 Modellen mit einem Anglewinderantrieb. In dem 2-teiligen Fahrwerk mit einem separaten Motor-/Hinterachsträger ist ein Flat-6 Triebwerk von Slot-It montiert.  Der Träger ist mit fünf Schrauben befestigt und der Haftmagnet kann darin wahlweise vor dem Motor oder unter der Hinterachse eingeschraubt werden. Bei Auslieferung sitzt er vor dem Triebwerk und ist von der Chassisoberseite her zugänglich.
Zur Modifikation der Porsche liegen Halter zum Einbau eines Longcan-Motors bei, zwei zusätzliche Hinterachsträger, mit denen sich die Bodenfreiheit um 0,5 und 1 mm reduzieren läßt oder nach Wahl bei Beibehalten des Abstands zur Fahrbahn größere Räder montieren lassen, um damit die erzielbare Geschwindigkeit usideways-p935-7nd Beschleunigung zu beeinflussen. Diese Achshalter werden von unten angeschraubt. Ihre Kennzeichnung schließt eine Verwechslung aus. Des weiteren kann man die vordere Führung des MA-Trägers mit dem entsprechenden Halter auch mit zwei Schrauben ausführen.

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Unterschiedliche Fahrwerke im Scaleauto 935 mit Sidewinderantrieb und bei Sideways mit der Anordnung als Anglewinder.

Die Abstimmung der Vorderachse zum Leitkiel ist leicht einzustellen. Dazu dienen vier Inbusschrauben, mit denen man die Einbauhöhe der Vorderachse festlegen kann. Für die Motorkabel sind Führungen vorhanden und sie bewirken ein selbsttätiges Rückstellen des Leitkiels. Hinten sind Aluräder und das Schrägzahnrad aus Kunststoff auf einer hochwertigen Achse verschraubt. Zusätzlich ist ein Achsstellring angebracht, mit dem man das Seitenspiel justieren kann. Vorne sind die Felgen aus Kunststoff ausgeführt.

Mit seiner kraftvollen Motorisierung ruft solch ein 935er nach Auslauf und ist im Betrieb mit Haftmagnet auf einer größeren Strecke besser aufgehoben, wo er bei etwa 15 V betrieben werden kann. Mit dieser Spannung entwickelt sich ein flüssigeres Fahrverhalten, als wenn der Wagen bei geringerer Voltzahl durch die starke Haftwirkung gebremst wird. Den MA-Träger sollte man bei dieser Betriebsweise nur geringfügig lockern, da sonst die Schrauben auf der Fahrbahn aufkommen können. Mit dem Magneten ist solch ein Coupé schnell zu fahren. Bei Platzierung in der Mitte ist ein schmaler Grenzbereich vorhanden, in dem man den Wagen bei einem Slide eventuell noch abfangen kann. Platziert man den Haftverstärker jedoch unter der Hinterachse, wird der Wagen zumindest ohne Änderung der Bodenfreiheit kaum schneller, aber durch die nach hinten verlegte Ansaugwirkung im Vorderwagen nervöser. Insoweit erschien im Testverlauf die mittige Position vor dem Triebwerk die günstigere Wahl. Dabei fiel bereits bei diesen Tests der angenehme Klang des Wagens auf. Das Getriebe arbeitet sehr präzise und offenbar ist auch die Verarbeitung der Miniatur sorgfältig erfolgt.

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Sideways by Racer Porsche 935/77A

Mit der hochwertigen Ausstattung ist solch ein 935er allerdings erst recht zum Gebrauch ohne den Haftmagnet prädestiniert. Er zeigt nach dem Ausbau bei 12 V trotz des recht kurzen Radstandes ein erstaunlich gutmütiges Fahrverhalten und ist sicher unterwegs. Mit dem kraftvollen Triebwerk ist er auch mit der originalen Getriebeübersetzung von 28:11 temperamentvoll und ohne den Magnet auf kleineren Anlagen sicher und genussvoll zu fahren. Durch das nun geringere Tempo ist der Wagen besser zu verfolgen. In dieser Betriebsweise treten Abflüge bei achtsamer Fahrweise kaum auf. Falls es doch dazu kommt, verlaufen sie glimpflich. Doch wie die Testfahrten zeigten, steckt bei dieser Betriebsweise in solch einem 935er noch ein Stück mehr Fahrpotential als es die originale Bereifung auszuschöpfen erlaubt. Möchte man solch einen Porsche optimieren, liegt im Reifentausch der erste Ansatzpunkt, während der Wagen sonst keine besonderen Änderungen benötigt. Sein Handling genügt vielmehr auf Anhieb hohen Ansprüchen. Bei einem Vergleich mit dem Porsche 935 von Scaleauto gelangten beide Wagen  trotz der unterschiedlichen Triebwerke auf annähernd gleiche Zeiten. Beide waren dazu mit den originalen Reifen von Sideways versehen. Damit sind die Wagen auch ausgezeichnet im Renneinsatz zusammen zu betreiben.

Insbesondere mit dem Kremer 935 K2 ergänzt man bei Sideways das inzwischen beträchtlich angewachsene Modellthema 935 in interessanter Weise. Denn bei diesem Typ handelt es sich eher um einen Exoten. Unterdessen dürfte es der 935/77A auf die Dauer zu mehr Farbversionen bringen. Denn dieser Wagen wurde durch weit mehr Teams eingesetzt. Mit diesen beiden neuen Porsche 935 umfasst das Gruppe 5 Feld bei diesem Hersteller bereits acht Karosserietypen.

Sideways by Racer Porsche 935 im Digitalbetrieb:

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Der neue Carrera-Decoder provisorisch aufgelegt.

Da die Cockpits dieser Modelle flach ausgeführt sind, lassen sich solche Gruppe 5 Wagen von Sideways vergleichsweise einfach für die meisten Digitalbahnen umbauen. Für das Carrera-System fällt es mit dem neuen kleineren Decoder leichter (o.).  Dazu sollte man den mittleren Halter am M/A-Träger vorne entfernen und die andere Halterung verwenden.

AE